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Corona-Karten

Junge zeigt Postkarte an der Haustür

Corona-Karten

Während der coronabedingten Schulschließungen ab März 2020 sind alle Schüler:innen auf eine Art schuldistanziert – nämlich physisch. Für die Schüler:innen, für die Schule schon vorher negativ besetzt war, ist es jetzt noch leichter, sich den (fast ausschließlich) digitalen und virtuellen Angeboten zu entziehen. Im Netz kann man sich eben leichter verstecken als in einem Klassenraum.

Es fehlt der tägliche, persönliche Kontakt, dabei ist Beziehungsarbeit das A und O der Jugendsozialarbeit. Es gilt also neue Wege zu gehen, damit aus den Kontaktbeschränkungen keine Kontaktabbrüche werden. An der Theodor-Heuss-Gemeinschaftsschule (THG) entstand so die Idee, Postkarten an Schüler:innen zu senden, die per E-Mail oder Handy nur schwierig zu erreichen sind.

Ausgangssituation

Ganz neu ist die Idee aber nicht: Schon länger nutzt die Sozialpädagogin Grußbotschaften per Postkarte als Mittel, um den Schülerinnen und Schülern und ihren Familien in den Sommerferien in Erinnerung zu bleiben. Denn sechs Wochen ohne direkten Kontakt sind im Rahmen von Beziehungsarbeit auch unter normalen Umständen eine lange Zeit. Viele der Schüler:innen der THG bleiben in den Ferien zu Hause und haben bisher weder Postkarten geschrieben noch welche erhalten. Wenn Post aus der Schule kam, dann waren es eher schlechte Nachrichten. Mit den Grußkarten sollte dem etwas entgegengesetzt werden.

Ziele

Ziel ist es, digitaler Schuldistanz vorzubeugen. Das heißt: Kontakt halten und weiterhin Präsenz zeigen, auch wenn man sich nicht mehr täglich auf dem Schulflur oder dem Pausenhof begegnet. Wenn man Ahmed nicht mehr im Treppenhaus nahezu beiläufig fragen kann, wie es ihm geht und wenn man nicht im Vorbeigehen sehen kann, ob Adelisa es heute in den Matheunterricht geschafft hat. Die Postkarten sollen den Schülerinnen und Schülern signalisieren: Wir sind auch in Krisenzeiten für Dich da! Sie sind ein ganz persönlicher Gruß und neben all den digitalen Kommunikationsformen – telefonische Sprechstunden, Onlinemeetings, Klassenchats – auch eine ungewohnte Überraschung.

Zielgruppe

Die Postkarten werden in erster Linie an schuldistanzierte Schüler:innen geschickt, an jene, für die Schule sehr negativ besetzt ist und/oder mit denen die Sozialpädagogin schon länger im Rahmen der Einzelfallarbeit tätig ist. Es haben aber auch ein paar Schüler:innen, die besonders gern in die Schule kommen, eine Postkarte erhalten.

Umsetzung

Der Ablauf lässt sich sehr simpel beschreiben: Postkarte kaufen, beschreiben, mit Adresse und Briefmarke versehen und in den Briefkasten werfen. Die Grußbotschaft lautet dabei in etwa: Wir sind auch weiterhin für Dich da. Wir denken an Dich und freuen uns darauf, Dich bald wiederzusehen.

Positive Wirkungen

Mit den bislang 30 versandten Postkarten konnte zu vielen Schüler:innen Kontakt hergestellt werden, die seit der Schulschließung nicht mehr erreichbar waren. Da auf den Karten auch die Diensthandynummer der Sozialpädagogin vermerkt ist, konnten die Schüler:innen sich zurückmelden, was die meisten auch getan haben. Alle äußerten Freude und zum Teil auch Überraschung über die analoge Kontaktaufnahme. Fünf Schüler:innen erkundigten sich sogar nach der Adresse, um eine Antwortkarte zu senden. In der anknüpfenden Kommunikation über Telefon und Mails bzw. Chats konnten viele Fragen geklärt werden. Auch der Kontakt zu den Klassenleitungen konnte weitestgehend (wieder) hergestellt werden; in mehr als der Hälfte der Fälle gelang es auf diese Weise, bestehende Probleme mit den digitalen Lernangeboten zu beheben.

Herausforderungen

Schwierig wird es, wenn die Karte aus unterschiedlichen Gründen nicht dort ankommt, wo sie soll, beispielsweise weil die Adresse nicht stimmt oder der Name auf dem Briefkasten oder dem Klingelschild fehlt. In diesen Fällen sucht die Sozialpädagogin nach individuellen Lösungen und gibt die Karte auch mal persönlich vor der Haustür ab. Auch bei den besonders hartnäckigen Fällen von digitaler Schuldistanz nutzt die Jugendsozialarbeit den Weg der persönlichen Übergabe, um sich physisch in Erinnerung zu rufen.

Erstelldatum: April 2020

Ansprechperson
Anne Luther

E-Mail: anne.luther(at)sos-kinderdorf.de
      

E-Mail: programmagentur(at)stiftung-spi.de Telefon: 030 2888496-0